Mit Kontinuität gegen Malaria

Malaria ist das Forschungsgebiet von PhD Ross Douglas. Gegen die Krankheit gibt es Medikamente. Um sie weltweit besser in den Griff zu bekommen, braucht es jedoch mehr neue Arzneien. Douglas ist auf der Suche nach Angriffspunkten für eine effektivere Kombinationstherapie.

Viele Fernreisende kennen das: In zahlreichen Regionen der Erde sollen sie sich mit einem Medikament zur Prophylaxe vor dem Erreger der Malaria, dem Parasiten Plasmodium, schützen. Anti-Mückensprays, hautbedeckende Kleidung und Moskitonetze ums Bett sind ebenfalls obligatorisch. Erwischt einen die fiebrige Erkrankung dennoch, muss man in die Klinik und erhält normalerweise einen Mix verschiedener Arzneimittel. Ein Wirkstoff allein reicht selten aus, um eine Plasmodieninfektion, die unbehandelt tödlich verlaufen kann, zu heilen.

Eine Krankheit mit zerstörerischen Auswirkungen 

Selbst wenn Patient:innen die beste verfügbare Therapie bekommen, ist es belastend und schwer, mit dieser Tropenkrankheit umzugehen. Global betrachtet sei Malaria „zerstörerisch“, sagt Dr. rer. nat. Ross Douglas. Der 37-jährige Medizinische Biochemiker leitet an der Justus-Liebig-Universität Gießen eine DRUID-Nachwuchsgruppe. Mit seinem Team sucht er nach wunden Punkten in den Parasiten, die helfen könnten, weitere Malariamittel zu entwickeln, um die Behandlung insgesamt effektiver zu gestalten und womöglich sogar die Verbreitung der Krankheit einzudämmen.

Weltweit gibt es jedes Jahr schätzungsweise 200 Millionen Fälle von Malaria. Etwa 600 000 Menschen sterben daran – meist Kinder unter fünf Jahren. „Was das mit den Menschen macht und wie es die Welt auch wirtschaftlich belastet, ist ein großes Elend“, sagt Douglas. „Es ist eine forscherische Daueraufgabe, die Vorbeugung, Therapie und Versorgung bei Malaria weiterzuentwickeln – und eine enorme Herausforderung“, betont er. Und: „Aber als weltweite Gemeinschaft von Forschenden auf diesem Gebiet können wir immer wieder neue Ansätze finden und die Situation insgesamt verbessern.“

Der Erreger ist schwer zu fassen

Der Grund für Douglas Einschätzung: Der Lebenszyklus des Erregers Plasmodium, von dem es mehrere Arten gibt, zählt zu den kompliziertesten auf dieser Erde. Die tierartigen Einzeller durchlaufen während ihrer Entwicklung verschiedene Stadien: Sie wandern zwischen Mücken und Mensch hin und her und leben im Menschen in der Leber und im Blut. Dabei existieren Formen, die sich durch Teilung vermehren, solche mit geschlechtlicher Fortpflanzung, infektiöse Formen und welche, die jahrelang unauffällig im Wirtsorganismus überdauern können.

Ross Douglas und seine Mitarbeitenden forschen daran, den Malaria-Erreger auszuschalten, wenn er gerade versucht, vom Menschen in die Mücke zu gelangen – die ihn dann über einen Stich auf den nächsten Menschen überträgt. „Die meisten Medikamente gegen Malaria, die derzeit zur Verfügung stehen, greifen Blutstadien des Parasiten an. Ein Wirkstoff, der die Übertragung auf die Mücke behindert, wäre eine wertvolle Ergänzung für die Kombinationstherapie“, erklärt er. Sie könnten den Parasiten in einer Lebensphase erfassen, das anderen Wirkstoffen bisher entgeht. Gelänge es, den Übergang auf die Mücken einzuschränken, würde auf Dauer womöglich die Zahl der von Malaria Betroffenen insgesamt etwas sinken. Einfach, weil weniger infizierte Mücken die Krankheit auch weniger verbreiten.

Zielpunkt ist die Bewegungsfähigkeit des Parasiten

Douglas Angriffspunkt ist dabei das Aktin-Zytoskelett in der Parasitenzelle: ein Netzwerk aus Aktin-Eiweißen, das Zellen unter anderem festigt. Mit seiner Hilfe können sich Plasmodien auch bewegen – und schaffen so den Weg in die Mücke. Aktin ist ein Protein, das in höheren Lebewesen grundsätzlich häufig vorkommt. Bei Menschen bestehen beispielsweise die Muskelfasern auch aus Aktin. Der Stoff ermöglicht es den Fasern, sich gegeneinander zu verschieben. Am Ende beruhen darum menschliche Bewegungen auf Aktin. Allerdings unterscheidet sich das Aktin-Zytoskelett der Menschen von denen anderer Lebewesen – hier der Plasmodien – so weit, dass es möglich ist, es im Krankheitserreger mit möglichen Arzneistoffen auszuschalten, ohne den Wirt nennenswert zu schädigen.

Über das DRUID-Projekt arbeiten mit Douglas zwei Masterstudierende, eine Doktorandin und ein Technischer Assistent in Teilzeit an den Parasiten. „Es ist uns schon gelungen, einige Faktoren zu entdecken, die für den Übergang des Parasiten auf die Mücken so wichtig sind, dass die Übertragung ohne sie nicht funktioniert“, berichtet Douglas. „Aufregend“ seien diese Entdeckungen – und so neu, dass sie erst näher untersucht werden müssen, ehe sie ihren Weg in eine wissenschaftliche Publikation finden.

 

Von Südafrika nach Deutschland

Das LOEWE-Zentrum DRUID, finanziert vom Bundesland Hessen, ermöglicht es der Nachwuchsgruppe um Ross Douglas, die Grundlagen für eine eventuelle spätere Medikamentenentwicklung eingehend zu ergründen. Die Mitarbeitenden untersuchen unter anderem die genetische Ebene. Und sie schauen sich im Mikroskop an, wie sich die Parasitenzellen verändern, wenn man in ihnen bestimmte Proteine verändert.

Feinste Details innerhalb von Zellen beobachten zu können, war es, was Ross Douglas an die Parasiten-Forschung band. Douglas, der aus Südafrika stammt, hatte in Kapstadt Medizinische Biochemie studiert und sich bereits in seiner Doktorarbeit mit Proteinen beschäftigt. Bei einem Vortrag Prof. Dr. rer. nat. Friedrich Frischknecht aus Heidelberg wurde er dann auf die bildgebenden Verfahren aufmerksam, die es auch ermöglichen, die Bewegungs-Proteine von Plasmodien zu erfassen. Forschende können winzigen Zellen so quasi beim Leben zusehen. Nach diesem Vortrag sah Douglas „all seine Interessen als Medizinischer Biochemiker vereint“.

Er bewarb sich um eine Stelle als Postdoktorand in integrativer Parasitologie am Zentrum für Infektiologie der Medizinischen Fakultät der Universität Heidelberg und zog 2013 nach Heidelberg. Seit 2020 setzt er mit der DRUID-Nachwuchsgruppe in Gießen seine Forschungsarbeit zu Malaria fort. Der Kontakt nach Heidelberg besteht weiter. Vernetzung ist ein wichtiger Ansatz des LOEWE-Zentrum DRUID, um die Forschung gegen armutsassoziierte und vernachlässigte Tropenerkrankungen (abgekürzt: NTDs) voranzutreiben.

Starke Forschungsgemeinschaft gegen Malaria

„Wunderbare Chancen“ eröffneten sich so, findet Douglas. Zumal die Community, die Gemeinschaft, der an Malaria Forschenden in Deutschland und Europa sich sehr gut ergänze. „Wir decken hier von der molekularen Grundlagenforschung bis hin zur klinischen Forschung alle Aspekte der Malaria-Problematik ab“, berichtet Douglas. „Und wir haben alle wissenschaftlichen Werkzeuge in der Hand, um zusammen etwas zum Positiven zu verändern.“



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